Autor: Gastbeitrag

Hilfseinsatz im Flüchtlingslager Frakapor, Griechenland – September 2016

Gastbeitrag von Theresa Quast (die bereits aus Lesbos und Idomeni berichtete) „Ich finde keine Worte für das Gefühl, das ich empfand, als ich meinen Körper durch die Flughafenhallen Thessalonikis in Griechenland trug, um in den Flieger zurück nach Deutschland zu steigen. Eigentlich lastete dieses schwere Gefühl bereits auf mir, als ich mich ein paar Stunden zuvor von den vielen liebenswerten Bewohnerinnen und Bewohnern aus dem Flüchtlingslager Frakapor in Sindos verabschiedete. Bei der Verabschiedung wussten beide Seiten, dass ich nun in die andere Welt zurückkehren würde. Mein Gegenüber wusste, dass bei mir die „Normalität“, der geregelte Alltag sofort weitergehen könnte, wenn ich mich nur dafür entschied. Und dass mich das Flugzeug ohne Probleme innerhalb von zweieinhalb Stunden in das Land bringen würde, in dem Mutter, Vater, Kind, Schwester, Bruder, Onkel oder Tante wohnen. Deutschland, eines der Länder, in das sie einst all ihre Hoffnung gesteckt hatten. Am liebsten hätte ich dieses Privileg gar nicht genutzt und wäre bei meinen neu gewonnenen Freundinnen und Freunden geblieben. Aber wenn mir die Menschen aus dem Camp etwas mit auf …

“Dear Sun, please shine on us, it’s very cold here.” – Bericht aus Idomeni

Ein Gastbeitrag von Theresa Quast. Ihr habt es sicher schon festgestellt: In den letzten Wochen hat sich der Kern der Debatte über Geflüchtete in Deutschland und Europa verschoben. Während im Herbst durchschnittlich etwa 1.000 Menschen täglich nach Berlin kamen, sind es derzeit nur noch circa 70 Menschen. Auch deswegen verändert sich die Diskussion in Berlin: Weg von den langen Schlangen vor der Registrierungstelle am LAGeSo, hin zu der Frage, wie die Unterbringung für die Geflüchteten gestaltet werden kann. Bei allem Verständnis für diese Diskussion  – wie Ihr wisst, sind wir selbst stark involviert in Fragen der Unterbringung, Versorgung und Qualitätsstandards in den Unterkünften – lohnt sich ein Blick über die Grenzen hinweg hin zu den Ursachen der sinkenden Zahl der Ankommenden. Denn die europäischen Grenzen sind faktisch geschlossen. Die EU schließt einen äußerst diskussionswürdigen Deal mit der Türkei. Die Balkanroute, über die viele Menschen nach Europa gekommen sind, wurde dicht gemacht. Für die Menschen, die vor Krieg, Terror und Verfolgung fliehen, ist kaum noch eine Möglichkeit vorhanden, nach Europa zu kommen. Doch das bedeutet nicht, dass …

Hinschauen, wo Europa wegschaut. Anpacken, wo Europa die Hände in die Taschen steckt. – Bericht aus Lesbos

Gastbeitrag von Theresa Quast, einer freiwilligen Helferin aus Lesbos. Die Begegnungen mit den geflüchteten Menschen, die ich durch die Arbeit mit Kreuzberg hilft erleben darf, führten mich auf eine Reise weit weg von Berlin. Als ich im Flugzeug nach Lesbos saß, sprachen mich meine zwei griechischen Sitznachbarn an: „Why do you go to Lesvos? You are a volunteer?“. Die beiden betonten aufrichtig ihre Dankbarkeit dafür, dass freiwillige Helferinnen und Helfer aus allen Ländern kommen, um sie in dieser Notlage zu unterstützen. Die flüchtenden Menschen, die auf Lesbos ankommen, haben nichts bei sich als die Kleidung, die sie tragen und manchmal noch einen kleinen Rucksack oder eine Plastiktüte. Sie haben alles hinter sich gelassen, häufig auch ihre Familie – vorerst oder für immer. Daher sind es viele junge Männer, die sich auf den Weg machen. Weil sie nicht in den Krieg ziehen und unschuldige Menschen töten wollen. Weil sie eine solche Bootsüberfahrt noch am ehesten überleben. Es kommt vor, dass die türkische Küstenwache die Schlauchboote aufschlitzt und die Männer zurück ans Ufer schwimmen lässt. Nicht nur einige hundert Meter, …